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Das neue Herz der Energiezentrale

Dieser 230.000 Euro teure 6-Zylinder-Motor ist das Herzstück des neuen Blockheizkraftwerks. Das Team um Technischen Leiter Peter Kerkmann (3.v.r.) hat den Aufbau der energieeffizienten Anlage intensiv vorbereitet und begleitet.

Energieeffizientes Blockheizkraftwerk deckt auch künftig steigenden Strombedarf

Dieser 6-Zylinder-Motor kostet 230.000 Euro. Er steht seit Kurzem in der Energiezentrale des St. Josef-Stifts und löste dort das 13 Jahre alte Blockheizkraftwerk ab. Für den Laien sieht das neue Kraftwerk aus wie ein schmuckloser grauer Kasten, der in erster Linie viel Krach macht. Ein Blick unter die „Motorhaube“ lässt die Augen des Teams um Technischen  Leiter Peter Kerkmann leuchten. Ein Blick in die Energiebilanz der Anlage begeistert auch Geschäftsführerin Rita Tönjann: Diese Investition war keine Kleinigkeit, „doch in gerade einmal zwei Jahren wird sie sich dank neuester Technik bereits amortisiert haben.“

Die Leistung der Anlage weiß man erst zu schätzen, wenn die Patienten (am besten alle zeitgleich) morgens ihre heiße Dusche genießen wollen, im warmen Schwimmbad ihre Bahnen ziehen, wenn Mitarbeiter im Winter ihre Heizung aufdrehen oder im Sommer in angenehmer Kühle im Spithöver-Forum zu Mittag essen. Von einem Stromverbrauch von jährlich 5,4 Millionen Kilowattstunden produziert das hauseigene Blockheizkraftwerk etwa ein Drittel, also 1,8 Millionen Kilowattstunden, selbst.

Im Vorfeld lag die Kunst darin, das günstigste Verhältnis von selbst produzierter und zugekaufter Energie zu berechnen. Denn: „Ein Blockheizkraftwerk ist nur so effizient, wie es die eigene Abwärme zur Energiegewinnung wieder selbst verbrauchen kann“, erklärt Ewald Gaßmöller, zuständig für die Betriebstechnik. Ist die Anlage zu groß, könnte in verbrauchsarmen Zeiten nachts und am Wochenende die Abwärme nicht für den Eigenbedarf genutzt werden. Somit wird zu Spitzenverbrauchszeiten Strom von außen zugekauft. Das ist günstiger, als in mauen Zeiten einen Stromüberschuss zu produzieren und ins öffentliche Netz einzuspeisen.

Anlass für die Investition zum jetzigen Zeitpunkt war, dass für die alte Anlage eine aufwändige Generalüberholung angestanden hätte. Zudem konnte das St. Josef-Stift für die umweltfreundliche Technik Fördergelder abrufen. „Die neue Anlage arbeitet mit einer erheblich höheren Effizienz, mit der mehr Strom und weniger Abwärme bei gleichzeitig geringerem Gasverbrauch produziert wird“, so Technischer Leiter Peter Kerkmann.

Die wahre Herausforderung bestand darin, die Vielzahl von technischen Systemen (z.B. Rückgewinnungs-, Klima-, Wasseraufbereitungsanlagen und Großküchengeräte) an die neue Niedrigtemperaturtechnik anzupassen. Die Versorgung mit Heizwärme und Warmwasser muss dabei vom St. Elisabeth-Stift bis zum südlichsten Zipfel des Reha-Zentrums, vom Sockelgeschoss bis zum 5. Obergeschoss in allen Bereichen des weit verzweigten Leitungssystems gewährleistet sein. Zusätzlich beeinflusst der Faktor Mensch den Bedarf und sorgt in Einzelbereichen des komplexen Systems für tageszeitabhängige Verbrauchsspitzen (z.B. morgendliches Duschen, vormittags kochen). Um diese punktuellen Spitzenverbräuche energieeffizient abdecken zu können, sind alle Wärmeabnahmesysteme miteinander vernetzt; die Pumpen werden durch EDV-gestützte Regelungstechnik gesteuert. So kann die Wärme immer dort hin verteilt werden, wo sie benötigt wird, bzw. in verbrauchsarmen Zeiten im Warmwasserkessel gespeichert werden.

Eine zusätzliche Herausforderung besteht im Krankenhaus darin, 60 Grad heißes Wasser in allen Leitungen zu führen, so dass sie zur Vermeidung von Legionellen thermisch desinfiziert werden, erklärt Peter Kerkmann. Dafür reicht heute eine Kesseltemperatur von lediglich 72 Grad aus.

Für den Austausch des Blockheizkraftwerks im laufenden Betrieb zogen Teams von Elektro-, Sanitär-, Heizungs-, Lüftungs- und Regelungstechnikfirmen zusammen mit dem Kraftwerkhersteller und den hauseigenen Handwerkern an einem Strang. Während des fünftägigen Austauschs stellte das Notstromaggregat die Stromversorgung sicher. Zudem konnte die Umbauphase dazu genutzt werden, um ohnehin anstehende kleinere Reparaturen am Heizungssystem ohne größeren Aufwand gleich mit zu erledigen, so Josef Strohbücker.

Für die komplexe Aufgabe des Kraftwerktauschs konnte der erhebliche Wissensschatz aus dem Betrieb des 13 Jahre alten Vorgängermodells genutzt werden. „Alle Schnittstellen müssen funktionieren“, so Thomas Wildemann. Alle Daten des neuen Blockheizkraftwerks laufen per EDV in der zentralen Leittechnik des Krankenhauses auf.

 

Zum Thema: Stromversorgung im Krankenhaus

Zu Spitzenzeiten werden in den Morgenstunden etwa 1.100 Kilowatt (kW) Strom im Krankenhaus abgerufen, wenn mehr oder weniger gleichzeitig in vielen stromintensiven Bereichen wie OP-Bereich, Gebäudeklimatisierung und Küche das Tagewerk beginnt. Mit der Reha-Zentrumserweiterung wird sich der punktuelle Spitzenverbrauch auf später einmal 1.200 kW steigern.

Zum Vergleich: Ein Einfamilienhaus verbraucht in Spitzenzeiten bis zu 10 kW, ein ganzes Altenheim wie zum Beispiel das St. Josefs-Haus Albersloh bis zu 60 kW. Die maximale Leistung des neuen Blockheizkraftwerks beträgt 240 Kilowatt, also etwa viermal so viel wie das Altenheim in Albersloh als Spitzenlast verbraucht.

Was die ausrangierte Anlage in 13 Jahren geleistet hat, fasst Thomas Wildemann in einen griffigen Vergleich: „Das alte Blockheizkraftwerk ist 97.000 Betriebsstunden gelaufen. Das entspricht einem großen Lkw, der unter Volllast 8 Millionen Kilometer auf der Autobahn zurückgelegt hat.“