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Ein Erfolgskonzept: Kommen, lernen, bleiben!

Sie haben ihre Heimat verlassen, um in Deutschland ihr Glück zu finden: Selvia Marsel, Moreblessing Mavhangira und Melisa Strasevic gingen den Weg vom FSJ über die Ausbildung zur examinierten Pflegefachkraft.
Sie haben ihre Heimat verlassen, um in Deutschland ihr Glück zu finden: Selvia Marsel, Moreblessing Mavhangira und Melisa Strasevic gingen den Weg vom FSJ über die Ausbildung zur examinierten Pflegefachkraft.

Wie die Stiftung junge Menschen aus dem Ausland für die Pflege begeistert

„Es ist egal, wie gut deine Noten sind. In meiner Heimat findest du damit keinen Job. Es gibt Vetternwirtschaft.“ Melisa Strasevic erzählt das ganz ruhig. Die 25-jährige Bosnierin hat für sich persönliche Konsequenzen gezogen und ist – wie auch ihre beiden Schwestern – nach Deutschland gekommen, um sich hier mit Fleiß und Disziplin eine Existenz aufzubauen. Ihre Motivation: „Ein besseres Leben.“ Ihre Chance: Eine Ausbildung in der Pflege. Mittlerweile ist sie examinierte Pflegefachfrau und arbeitet als vollwertiges Mitglied im Team der Station B2. Es war ein langer Weg dorthin, aber ein nachhaltiger, wie Pflegedirektor Niklas Wiechert-Behm betont.

Es ist mittlerweile gängige Praxis im Gesundheitswesen, mit Unterstützung von Agenturen Pflegekräfte aus aller Welt anzuwerben. Das Problem sei aber oft, dass ausländische Pflegekräfte mit dem deutschen Gesundheitssystem fremdeln und sich mit der Sprache und der Kultur schwertun, so Wiechert-Behm. Das St. Josef-Stift setzt dagegen auf Ausbildung: Junge Menschen, die als so genannte Incomer als Au-pair bereits in Deutschland sind oder für ein Freiwilliges Soziales Jahr kommen möchten, erhalten ihre Chance. Wiechert-Behm: „Wenn dann der Weg anschließend in die Ausbildung führt, ist schon sehr viel Bindung entstanden, und die Sprache und das berufliche Umfeld sind schon vertraut. Unser Ziel ist es, dass alle schon früh Stiftfans werden und langfristig bleiben.“

So war es auch bei Moreblessing Mavhangira. In ihrer Heimat Simbabwe hat die 31-Jährige Archäologie studiert, eine Berufsaussicht hatte sie damit aber nicht. Sie entschied sich für ein Au-pair-Jahr, das sie 2018 in einer Familie in Drensteinfurt verbrachte. Im Anschluss absolvierte sie ein Freiwilliges Soziales Jahr in Maria Frieden in Telgte. 2020 startete sie dann im ersten Ausbildungsjahrgang des St. Josef-Stifts in die damals neue generalistische Pflegeausbildung. Heute arbeitet sie auf der Station B5. „Die Arbeit macht viel Spaß.“ Neben den Sprachen ihres Heimatlandes, Shona und Ndebele, spricht sie auch fließend Englisch und mittlerweile richtig gut Deutsch.

Geholfen hat ihr, dass sie während des FSJ und der Ausbildung im Wohnheim des St. Josef-Stifts wohnen konnte und dort andere junge Leute in ähnlicher Situation traf, mit ihnen kochte, zusammen lernte – und Deutsch sprach. Dort lernte sie auch Selvia Marsel kennen. Die 31-jährige Indonesierin hatte in ihrem Heimatland einen Bürojob. „Den ganzen Tag PC-Arbeit das war nicht mein Ding“, erzählt sie. Ihr Weg führte ebenfalls über ein Au-pair-Jahr und FSJ im St. Elisabeth-Stift in die Ausbildung im Pflege- und Betreuungsnetzwerk. Heute ist sie in der Altenpflege im St. Magnus-Haus tätig. „Ich bin bis jetzt megazufrieden“, erzählt sie mit einem breiten Lächeln. „Die Bewohner haben mit mir Deutsch gelernt. Sogar Plattdeutsch!“ Bei der Pflegedokumentation habe das Team bei der Sprache unterstützt.

„Ohne die Pflegekräfte aus dem Ausland würde die Versorgung in der Altenpflege zusammenbrechen“, beschreibt Jens Hinkemann die Situation.

Der Ausbildungskoordinator für das Pflege- und Betreuungsnetzwerk findet: „Die kulturelle Vielfalt ist sehr bereichernd für uns und für die Bewohnerinnen und Bewohner, die sehr offen sind. Viele von ihnen haben selbst Flucht und Vertreibung mitgemacht und kennen es, in einer fremden Umgebung anzukommen – da gibt es Gemeinsamkeiten.“

Selvia Marsel spricht inzwischen sehr gut Deutsch – für ihr Empfinden aber noch nicht gut genug, deshalb besucht sie freiwillig Deutschkurse, um ihre Sprache weiter zu perfektionieren. Diese hohe Motivation und Anstrengungsbereitschaft ist allen drei Frauen gemeinsam. „Ich bewundere Ihren Mut und Ihre Motivation, sich hier in Deutschland durchzubeißen und weiterzuentwickeln und dabei Ihre Fröhlichkeit und Ihren Humor zu bewahren. Es macht Spaß, mit Ihnen zu arbeiten“, sagt Pflegedienstleitung Christiane Schwering. Sie betreut die FSJler im St. Josef-Stift und ist damit für den Startpunkt des Konzepts verantwortlich (siehe Themenkasten). Sie kennt die Hürden, wenn Behördengänge und Anträge zu erledigen sind, leidet manchmal mit den Incomern mit. „Wenn man das gemeinsam durchlebt hat, dann entsteht eine enge Bindung.“ Wenn dann am Ende des Weges das erfolgreiche Pflege-Examen steht, haben sich alle Mühen gelohnt: „Sie sind eine absolute Bereicherung.“

 

Erfolgskonzept: Vom FSJ zur examinierten Pflegefachkraft

Soziale Nachhaltigkeit und langfristige Bindung sind die Grundlage für das mehrstufige Konzept, um Menschen (nicht nur) aus dem Ausland eine Ausbildung als Pflegefachmann oder –frau zu ermöglichen.

  1. Baustein Au-pair: Der erste Kontakt mit der deutschen Sprache und Kultur bahnt sich meist über ein Au-pair-Jahr in einer Familie an. Erste Sprachkenntnisse, die im Heimatland erworben wurden, werden im Alltag verfeinert.
  2. Baustein Freiwilliges Soziales Jahr: In den Einrichtungen des St. Josef-Stifts (Krankenhaus, Reha-Zentrum und Altenheime) können junge Menschen ein FSJ absolvieren. In dieser Zeit lernen sie dann das Berufsfeld Gesundheitswesen kennen und verfeinern ihre Sprache.
  3. Baustein Pflege-Ausbildung: Sprachlich ist der Grundstein gelegt und auch der Pflegealltag ist bekannt, so dass die Azubis gut vorbereitet in die Ausbildung gehen. Entscheidend ist auch, dass die Stiftung Wohnraum bereitstellt und bei der Bürokratie hilft.

Grundsätzlich sind ein FSJ oder FOS-Praktikum auch für junge Menschen aus der Region ein ideales Sprungbrett, um sich zu orientieren und einen guten Einstieg in einen Ausbildungsberuf im Gesundheitswesen zu finden. Für 2024 sind kurzfristig noch Bewerbungen möglich!