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Gute Vorsätze zum neuen Jahr: Wenn der innere Schweinehund hämisch grinst...

Mehr Sport, weniger Süßes, Zigaretten und Alkohol? Gute Vorsätze klappen nur in kleinen Schritten und realistischen Zielen.

Über Lust und Last, im neuen Jahr alles besser machen zu wollen

Die Traumfigur erreichen, mehr Sport treiben, nicht mehr rauchen und weniger Alkohol trinken – zum Jahreswechsel gibt es viele gute Vorsätze, die meist nach kurzer Zeit heimlich, still und leise wieder begraben werden. Der innere Schweinehund hat wieder obsiegt. Aber warum ist das so? Und wie könnte es trotzdem klappen mit den guten Vorsätzen? Diese Fragen beantwortet Diplom-Psychologe Dieter Minnebusch, Psychologischer Psychotherapeut, der im Psychologischen Team des St. Josef-Stifts tätig ist.

Warum ist es so schwer, gute Vorsätze in die Tat umzusetzen?

Dieter Minnebusch: Gute Vorsätze sind meist vernunftgesteuert. Der Mensch ist aber weder vernünftig, noch handelt er logisch. Er funktioniert nach einer eigenen Psycho-Logik. Jeder kennt das: Spät abends trinkt man noch ein letztes Glas Wein, weil die Unterhaltung und die Situation gerade so anregend ist, obwohl man weiß, dass man am nächsten Morgen Kopfschmerzen haben wird. Die kurzfristige positive Verstärkung durch die angenehme Situation wirkt stärker als die vernünftige Einsicht, dass der nächste Morgen schlimm wird.

Was spielt sich im Kopf ab?

Dieter Minnebusch: Gustav Freytag sagt „Der Mensch ist ein Gewohnheitstier“. Das menschliche Leben ist durch unzählige Gewohnheiten und Rituale bestimmt, die über Jahrzehnte gelernt und verinnerlicht sind und die in vielen Situationen auch hilfreich und notwendig sind. Ein guter Vorsatz passt nicht zu diesen Ritualen und Lebensabläufen. Wenn ich eine nachhaltige Verhaltensänderung erreichen will, dann muss der Leidensdruck hoch genug sein. Außerdem hat eine Verhaltensänderung immer auch mit Übung zu tun, sie muss erlernt werden wie das Vokabellernen einer Fremdsprache, damit im Gehirn eine neue Verknüpfung geschaffen wird.

Das klingt nach Schinderei. Kann man sich die guten Vorsätze auch irgendwie versüßen?

Dieter Minnebusch: Ganz wichtig ist, dass man sich realistische und kleinschrittige Ziele setzt und sich positive Verstärker sucht. Wenn man sich zum Beispiel vornimmt, sich mehr zu bewegen, dann sollte man nicht gleich mit einem Marathontraining starten, sondern mit etwas beginnen, dass man gerne macht, zum Beispiel tanzen, Rad fahren oder vielleicht erst einmal regelmäßige Spaziergänge in den Alltag einbauen. Wenn man die Spaziergänge mit einer Freundin unternimmt, die man sonst nur selten treffen würde, dann hat man gleich noch einen positiven Verstärker. So kann man den inneren Schweinehund austricksen, an ihm vorbeischleichen und den Spaziergang genießen.

Wie hält man die Motivation aufrecht?

Dieter Minnebusch: Als erstes muss man seine eigene Motivation kritisch prüfen. Will ich selbst wirklich etwas ändern oder mache ich es, weil „man sich mehr bewegen sollte“? Der gute Vorsatz sollte realistisch sein und zu einem passen. Wenn die Umsetzung dann noch das Belohnungssystem bedient, zum Beispiel durch Lob anderer, durch Wohlbefinden oder die guten Gespräche mit der Freundin beim Spazierengehen, dann kann daraus im Idealfall eine intrinsische Motivation erwachsen, also eine Motivation, die aus einem selbst heraus kommt und den Spaziergang mit der Freundin zu einer festen Gewohnheit werden lässt.

Hilft es, die guten Vorsätze kundzutun?

Dieter Minnebusch: Die eigenen Ziele sollte man nicht direkt an die große Glocke hängen. Wenn es nämlich mit der Umsetzung nicht sofort klappt, dann ist man gleich in einer Schleife der Selbstabwertung. Besser ist es, nur wenige Vertrauenspersonen einzuweihen, die einen bei einem Durchhänger unterstützen und motivieren weiterzumachen oder auch Verständnis für das menschliche Scheitern haben.

Welchen Fehler sollte man vermeiden?

Dieter Minnebusch: Mit dem guten Vorsatz kriegt man keinen 28-Stunden-Tag geschenkt. Wenn man also eine zusätzliche Einheit Sport, Bewegung oder was auch immer einplant, dann muss man sich überlegen, welche andere Sache man dafür lässt, um den guten Vorsatz zeitlich realistisch umsetzen zu können. Je konkreter die Planung ist, also zum Beispiel ein fester Termin in der Woche, umso größer sind die Chancen, das Ziel zu erreichen. Auch sollte man Erinnerungen einplanen durch Kalendereinträge, gelbe Zettel oder Handy-Erinnerungen.

Letzte Frage: Haben Sie sich zum Jahreswechsel etwas vorgenommen?

Dieter Minnebusch: Ich freue mich darauf, den Jahreswechsel mit meiner Lebensgefährtin und einem befreundeten Paar zu verbringen und wünsche mir, noch viele solcher Tage geschenkt zu bekommen.